Top 10 Filme

Ranglisten zu erstellen ist immer schwierig, völlig egal ob man sich von dem Anspruch auf Objektivität schon vorab freispricht oder nicht. Umso schwieriger wird es, je weiter man den Bogen des zu Klassifizierenden spannt, da verschiedene Produkte auch immer ganz und gar andere Qualitätsansprüche erheben, andere emotionale Bedürfnisebenen ansprechen. Trotzdem fand ich es, auch auf Initiative meines Freundes Florian hin, spannend eine Liste meiner persönlichen Lieblingsfilme zu erstellen. Obwohl ich hier eigentlich den Terminus „Lieblingsfilm“ als unpassend empfinde, scheitere ich daran einen treffenderen Begriff zu finden und möchte daher die Kriterien erläutern, nach denen ich bei der Wertung vorgehe:
Es gibt Filme, die brennen sich für immer ins Hirn ein. Es gibt Filme, die bis zum Abspann keine Unterbrechung erlauben. Es gibt Filme, die nach dem Genuss noch tagelang nachwirken. Es gibt Filme, die Perspektiven verändern können. Es gibt Filme, die uns Realitäten vor Augen führen, die wir lieber nie gekannt hätten. Es gibt Filme, die derart witzig sind, dass sie auch beim x-ten Mal noch immer mehr Spaß machen. Es gibt Filme, die kann man nur alleine sehen. Es gibt Filme, die möchte man nie wieder sehen, aber auch genauso wenig vergessen. Und letztlich gibt es Filme, die einen zum Weinen bringen.
Jedes der folgenden Werke erfüllt mehrere dieser Kriterien auf sehr unterschiedliche Weise. Nicht alle Filme würde ich auf der Stelle wieder sehen wollen, aber so war ich bei jedem einzelnen doch rückblickend so froh ihn gesehen zu haben, dass er offenbar einen bleibenden Eindruck in meiner Erinnerung hinterlassen hat.
Für den Pool aus dem ich gewählt habe, erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. De facto ist die Anzahl an Filmen, die ich bisher gesehen habe, alles andere als umfassend, deshalb wohnt dieser Liste auch ein sehr stark temporärer Charakter inne. Wer sich also einen objektiveren Eindruck über die bedeutenden Werke der Filmgeschichte verschaffen möchte, ist mit den Top 250 auf IMDB ganz gut beraten.
Genug der Vorrede, hier kommt die Liste:

#10 – Die Hard (1988)
Ein Film, den ich lange Zeit einfach unterschätzt und ignoriert hatte, vollkommen ungerechtfertigter Weise. 2004 sah ich ihn dann zum ersten Mal und konnte, nach den ersten Minuten schon nicht mehr wegschalten, obwohl ich eigentlich anderes geplant hatte an diesem Abend. „Die Hard“ ist schlicht ein spannender Actionfilm, der einfach gut unterhält. Bisweilen mag man ihn vielleicht etwas kitschig finden, was aber der Glaubwürdigkeit der Charaktere nicht wirklich schadet. Ganz großartig fand ich übrigens Alan Rickman in seiner Rolle als Bösewicht Hans Gruber.

#9 – 28 Days Later (2002)
Eine angenehme Überraschung: Was ein unausgegorener, stumpfsinniger Splatterfilm hätte werden können, ist schließlich der intelligenteste Horrorfilm aller Zeiten geworden. Das apokalyptische Szenario wirkt zu jedem Zeitpunkt authentisch und zieht den Zuschauer sofort in seinen Bann. Der Regisseur scheut sich glücklicherweise auch nicht davor die Protagonisten immer wieder vor schwierige, moralische Entscheidungen zu stellen. Offenbar wusste er was er an seinen Schauspielern hatte, denn genau durch diese Szenen wird der Film zu einer hochinteressanten Abhandlung über Leben, Liebe, Tod und Moral in Grenzsituationen.

#8 – The Big Lebowski (1998)
Normalerweise stellt es mir bei der Bezeichnung „Kultfilm“ grundsätzlich die Haare auf, nur ist „The Big Lebowski“ eines der wenigen Werke, die diese Bezeichnung rechtens tragen. Sein großartiger, kluger Humor und die schier unerschöpfliche Anzahl an denkwürdigen Zitaten, gemeinsam mit dem unvergesslichen Soundtrack und grandiosen Schauspielern, verleihen ihm diesen Status.

#7 – Reservoir Dogs (1992)
Tarantinos erster Film „Reservoir Dogs“ überzeugt vor allem durch seine interessante Art und Weise, die Charaktere mit zunehmender Dauer durch Vorgriffe und Rückblenden weiterzuentwickeln und dieses Unterfangen dabei aber so flüssig in die Handlung einzubeziehen, dass überhaupt nie Zweifel an der Einheit des Ganzen aufkommen. Dazu kommen noch die unvergesslichen Dialoge und der ebenso feine Soundtrack, beides zwar Elemente, die so auch den anderen Tarantino-Filmen zugrunde liegen, in „Reservoir Dogs“ aber weitaus am stärksten zutragen kommen.

#6 – El Maquinista (The Machinist, 2004)
Die grausige Geschichte um die zerrüttete Psyche des schlaflosen Trevor Reznik (Christian Bale!) ist ebenso fesselnd, wie brutal. Optisch eindrucksvoll wird gezeigt, wie die zumindest ansatzweise intakte Welt des Maschinisten immer mehr in sich zusammenfällt und er daran zugrunde geht. Das mit anzusehen ist alles andere als schön, sondern extrem verstörend, Furcht einflössend und bildet einen regelrechten Sog aus, der den Zuseher nicht mehr loslässt. Kein Film zum immer wieder ansehen, aber eine hochinteressante Studie der menschlichen Psyche.

#5 – Blue Velvet (1986)
David Lynchs stärkster Film greift binnen Sekunden gänzlich auf den Zuschauer über. Man kann nicht mehr loslassen und das obwohl die Atmosphäre einem die Kehle derart harsch zuschnürt, dass man sowieso nur völlig verstört im Sessel hocken kann, was zu einem Gutteil an den phänomenalen Leistungen der Schauspieler liegt. Die Charaktere wirken allesamt so real und völlig kaputt zugleich, wodurch Lynch ein Netz aus Angst und Verwirrung strikt, aus dem man unmöglich entrinnen kann. „Blue Velvet“ ist ein belastender Film nach dessen Genuss man vielleicht nicht sofort aufstehen kann und dessen Kraft einen noch tage-, vielleicht wochenlang zur Reflexion zwingt. Ganz großartige, harte Kost, mit der man problemlos Kinder traumatisieren kann.

#4 – American Psycho (2000)
„American Psycho“ ist so ein Fall, wo ich einfach nicht weiß was ich davon halten soll: Handelt es sich um eine Gesellschaftskritik, eine Hommage an den Sadismus, einen Vorwand möglichst brutale und ungewöhnliche Gewaltphantasien zu verbildlichen oder schlicht um eine in Zynismus gipfelnde Reflexion des Amerikas der 80er Jahre? Ehrlich gesagt habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, finde aber immer wieder gefallen an diesem Streifchen. Es bereitet mir Freude den völlig kaputten Patrick Bateman dabei zu beobachten, wie es ihn vor den Gesprächen mit seinen widerlichen Geschäftspartnern ekelt oder wie er im nächsten Moment seinem schärfsten Konkurrenten die Axt in den Rücken rammt. Überhaupt macht es mir Spaß zu sehen wie sich der Protagonist auf dem schmalen Grat der Sympathieebene zwischen Psychopath und Held bewegt und eine herrlich skurrile Identifikationsfigur bildet. Gesagt muss aber werden, dass der Film nur dann funktioniert, wenn man ihn als das sieht was er ist, eine böse Komödie, mit dezent gesellschaftskritischem Anstrich und nun wirklich ganz und gar kein Thriller.

#3 – Eternal Sunshine of the Spotless Mind (2004)
Schön, dass sich noch jemand an die großen Fragen wagt. Umso schöner, wenn das Ganze dann in Form eines wunderbaren Filmes präsentiert wird. Zentrale Fragen des Lebens werden erörtert: Wieso sucht der Mensch die Gesellschaft anderer Menschen? Wie sehr kann man jemanden hassen? Existiert so etwas wie „Liebe“ oder ist es nur ein zufälliges Zusammenspiel konditionalisierter Mechanismen? Welchen Einfluss haben unsere Erinnerungen auf unsere Emotionen? Und letztlich: Worin besteht „Glück“?
Dass aus der Behandlung eben jener Fragen, anstelle einer widerlich kitschigen Romanze ohne Tiefe, einer der bewegendsten Filme aller Zeiten geworden ist, ist ein wunderbarer Umstand, für den man Regisseur Michel Gondry, so wie den Hauptdarstellern Kate Winslet und Jim Carrey, eigentlich nur dankbar sein kann.

#2 – Dead Man (1995)
Der meiner Meinung nach bisherige Höhepunkt in Jim Jarmuschs Schaffen, ist grob gesagt ein Western, aber gleichzeitig auch extrem weit davon entfernt in irgendein Genre zu passen, aber gerade das zeichnet wohl einen wirklich guten Film aus. Sich zwischen Genregrenzen zu bewegen und dabei eine interessante, mitreißende Geschichte über den Tod zu erzählen, die dabei auch noch blitzgescheiten Humor bietet, das ist wahrlich eine hohe Kunst. Darüber hinaus ist „Dead Man“ Quell eines der größten Filmzitate in der Geschichte: „The eagle never lost so much time as when he submitted to learn from the crow.“

#1 – Magnolia (1999)
Filme mit mehr als 3 Stunden Laufzeit sind eine große Herausforderung, an der sich schon viele die Zähne ausgebissen haben. Das Problem liegt darin, dass man zu schnell beginnt sich in den epochalen Charakter, der so einem langen Werk zweifellos anhaftet, zu verlaufen und dadurch die Handlung entweder unnötig streckt oder die Übersicht verloren geht. Diesen Fehler macht „Magnolia“ nicht. Ganz im Gegenteil: Erst durch die Überlänge wird der Film zu etwas Großem, eben zu einem Epos, aber nicht im eigentlich Sinn, des (zu Recht) total verbrauchten Wortes, sondern zu einer berührenden Geschichte über ganz unterschiedliche Menschen in ebenso unterschiedlichen Situationen. Einzig die Einsamkeit mit der sie sich durch das Leben plagen und an der sie zu Zerbrechen drohen, völlig gleichgültig wie selbstsicher sie erscheinen mögen, ist ihnen gemein. Das Zusammenspiel der einzelnen Charaktere ist großartig inszeniert und fesselt von der ersten Minute an bis zu den letzten Sekunden des Abspanns. Fantastische schauspielerische Leistungen, eine unheimlich kluge Geschichte und einer der besten Soundtracks aller Zeiten, machen „Magnolia“ zu einem Erlebnis.
Ein Film zum Lachen, zum Weinen und zum alleine ansehen.

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